Es wird selten im Schulunterricht behandelt und auch im Internet ist es spärlich zu finden und doch hat es eine alte Tradition - das Capriccio.
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Herkunft und Bedeutung
In der Musik ist der Begriff geläufiger, doch in der Literatur wird es schwieriger. Das wird vielleicht verständlicher, wenn man ein wenig über die Bedeutung des Begriffs nachdenkt. Das Capriccio ist verwandt mit Worten wie capriccioso, caprice, kapriziös. Alles in allem also etwas, was gerne die Norm sprengt, sich ungern an die herrschenden Regeln anpasst und dadurch etwas auffällt, zuweilen unangenehm.
Das ist so eine Beschreibung, die gut zu einem Autor von Capriccios neuerer Zeit passen würde, denn seine Werke spalten die Leser entweder in Gegner oder Bewunderer. Dazwischen gab es oft nichts. Gemeint ist hier Ernst Jünger.
Vasari
Aber die Wurzeln des Capriccio liegen viel weiter zurück. Tatsächlich gehen die Ursprünge auf Vasari zurück. Dieser Künstler mit seinen literarischen Ambitionen bediente sich dieses Begriffs, trennte ihn aber nicht in verschiedene Kunstgattungen.
Und so kann man eines seiner Werke in einem anderen Licht betrachten. Während der Jahre, in denen Vasari auf Reisen war, lernte er viele Kunstwerke kennen. Später schrieb er dann Künstler-Porträts. Dabei ging er, so scheint es aus heutiger Sicht, sehr unpräzise vor, denn manche Künstler fehlten in seinem Werk, manche Daten waren falsch, andere Künstler waren wiederum erfunden. Welche Intention Vasari mit seinen Künstler-Biografien wirklich hegte, kann man das heute wirklich eindeutig sagen? Fest steht, dass er jedenfalls eine neue Entwicklung in der Literatur auslöste. Und grob gesehen findet man auch hier den Regelbruch wieder, denn bis dahin schrieb man Biografisches nur über Herrscher, nicht aber über Künstler.
Ernst Jünger
Nun noch einmal zurück zu Ernst Jünger. Sein Buch 'Das abenteuerliche Herz' ist eine Sammlung von Capriccios. Im Reclam-Verlag ist 1953 eine Auswahl erschienen. Was aber vereint diese Capriccios?
Diese Frage mag verwirren, denn stände statt Capriccios, wie es in der Reclam-Ausgabe heißt, Kurzgeschichten im Titel, tauchte diese Frage gar nicht auf, denn den meisten sind die typischen Merkmale einer Kurzgeschichte ein Begriff. Blättert man aber durch die Capriccios von Ernst Jünger scheint da erst mal mehr Trennendes als Gemeinsames zu sein.
Merkmale des Capriccios
Ein zweiter Blick offenbart dann vielleicht doch Gemeinsames. Am offensichtlichsten ist, dass jeder Text einem Ort zugeordnet ist. Damit ähneln die Capriccios erstmal Tagebucheintragungen. Tatsächlich hielt sich Ernst Jünger an den genannten Orten zeitweise auch auf. Und das ähnelt auch wieder Vasari, der auch über etwas schrieb, das er auf Reisen kennengelernt hatte.
Das es ganz so einfach aber nicht ist, zeigt sich am Beispiel des Capriccio 'Die Schleife', das der Stadt Leipzig zugeordnet ist, aber von einer Begebenheit erzählt, die in Braunschweig stattfindet.
Dennoch ist dieses Tagebuch-Ähnliche nicht von der Hand zu weisen. Viele Capriccios beginnen mit einer Szene aus dem Alltag, um oftmals dann in eine allgemeine, essayistische Richtung zu schwenken. Aber ob es sich wirklich um eine von Jünger erlebte Szene handelt oder um eine erfundene Geschichte, bleibt bei der Gattung des Capriccio offen. Und damit gibt es eine weitere Gemeinsamkeit zu Vasari, der erfundene und echte Biografien schrieb. Bleibt die Frage, zumindest bei Jünger, offen, inwieweit Wahrheit und Fiktion hier eine Rolle spielen.
Ist nicht eher das Gleichnishafte, das Alltägliche, das zum Symbol für etwas Übergeordnetes wird, das Entscheidende hinter der Geschichte? Nur als Beispiel mag hier das Capriccio 'Rotkehlchen' genannt werden.
Betrachtet man in diesem Sinne Jüngers Capriccios, versteht man leichter die passende Zugehörigkeit der eher 'lyrischen' Capriccios wie zum Beispiel 'Tigerlilie' oder 'Die blaue Farbe'.
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Hier wird wohl am ehesten deutlich, was ein Capriccio ausmacht. Etwas Alltägliches und deshalb scheinbar Unbedeutendes wird zum Sinnbild und dadurch für etwas Besonderes.
Durch diesen winzigen Alltagsausschnitt ist auch die Kürze des Capriccios bestimmt. Tatsächlich variiert die Länge von Jüngers Capriccios nur zwischen einer einer knappen halben Seite und maximal fünfzehn Seiten.
Das Capriccio, eine wirklich launenhafte Literaturform.
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