Montag, 27. November 2023

Geschichten in aller Welt(sBücher)

 Die Kunst Geschichten zu erzählen, ist so alt. Und heute steckt sie tatsächlich in einer Krise. Ich will mich dieser Aussage von verschiedenen Seiten nähern.

1. Vor sehr vielen Jahren bekam ich das Buch "Watership Down" geschenkt und las eifrig. Gerne empfehle ich das Buch an dieser Stelle weiter.

Aber darum geht es mir hier gerade nicht. Kaninchen gehören nun nicht zu den Tieren, die gerne freiwillig umherziehen. Es gehört schon viel Mut dazu, dass Hazel, Fiver und ein paar Freunde dieses Abenteuer wagen.

Das Geschichtenerzählen nimmt in der Gruppe einen großen Stellenwert ein. Dies wird besonders deutlich, als sie einmal auf einen Kaninchenclan treffen, bei dem auch erzählt wird. Nur ist es hier irgendwie unnatürlich geworden. Die natürliche Erzählung ist vielen Einschränkungen und Regeln unterworfen, was zweifellos mit den Erlebnissen des Clans zu tun hat.

2. Schon früh begeisterte mich der Klang fremder Sprachen. Ich fand, und finde, dass jede Sprache ihre eigene Musikalität hat. Und so finde ich schön, einfach einmal einer fremden Sprache zu lauschen.

Aber ich fand es auch spannend, dass die meisten europäischen Sprachen gemeinsame Wurzeln haben. Ich lernte begeistert die lateinische Grammatik und von diesem Punkt aus andere europäische Sprachen. Erst später wendete ich mich dem Chinesischen, Arabischen und Altägyptischen zu, wo mir dann aber die Zeit fehlte.

Für mein Philosophiestudium allerdings lernte ich Altgriechisch. Und das war ein Zauber. Auch wenn ich nie gut darin wurde, beim Vokabellernen war das Philosophieren inbegriffen. Diese Sprache kannte Begriffe, die im Deutschen nicht eindeutig wiedergegeben werden konnten. Oft gab es vier, fünf Übersetzungsmöglichkeiten, und doch war der Begriff mehr als die Übersetzungen. Das unterschied Altgriechisch von Latein.

3. Während meiner Zweitausbildung waren Teile der TCM Bestandteil der Ausbildung. In der klassischen Akupunktur zeigt sich die ganz andere, sehr bildhafte Herangehensweise. Aber wie ich im Studium schnell mitbekommen hatte, folgte das Chineschische ganz anderen Sprachregeln. Einen Versuch, diesen Unterschied deutlich machen, unternahm ich in meinem "Fallbeispiel".

Noch heute frage ich mich allerdings, wie so eine uralte Hochkultur in eine so große Veränderung gehen konnte. Aber geschah nicht dasselbe mit dem alten Ägypten? Dem antiken Griechenland? Rom? Byzanz? Es scheint wirklich ein Kreislauf oder eine Wellenbewegung in den Kulturen zu geben, die von unglaublichen kulturellen Fähigkeiten in den Untergang führen. Woran das wohl liegt? Nun, einige altgriechische Denker haben sich schon damit auseinandergesetzt.

4. Vor langer Zeit lebte ich noch in einer Stadt, es war einfach, an Bücher zu kommen. Auch gab es gelegentlich Themenschwerpunkte, so dass besondere Bücher gedruckt wurden. So gab es in einem  Jahr viele Sonderausgaben zu chinesischer Literatur und Philosophie. Damals erschien erneut "Das wahre Buch vom südlichen Blütenland" von Dschuang Dsi, übersetzt von Richard Wilhelm, der damals ein Kenner war.

Nun fallen beim Lesen die vielen Geschichten auf. Ganz im Gegensatz zu Platon oder Aristoteles ist der Ton dieser Gespräche fantasiefordernd, erzählerisch, spielerisch, darum nicht weniger Ernst.

Während ich Lao-Tses Sprache im Tao-Te-Kin zwar sehr rhetorisch und kraftvoll finde, gibt es dort keine erzählerische Poetik wie bei Dschuang Dsi.

5. Dchuang Dsis Kapitel klingen oft so ähnlich wie Gleichnisse. Und doch lohnt es sich, dieses einmal an einem Beispiel in einem anderen Post zu vertiefen.

Gleichnisse kommen aber auch sehr viele in der Bibel vor. Nun gibt es bald so viele Meinungen wie Menschen über dieses Buch. Dennoch steht sehr viel Weises über eine gute Lebensführung darin. Während die Gleichnisse sofort davon sprechen, dass sie Geschichten sind, gibt es immer wieder Erklärungsversuche, ob die Orte, die Menschen in der Bibel gelebt haben, die Orte wirklich gewesen sind. 

Zwar finde auch ich diese Fragen spannend. Aber wichtig für die Interpretation finde ich sie nicht. Geht es doch viel mehr darum, ein gutes Leben zu führen und dieses durch Geschichten, Erzählungen und Gleichnissen verständlich zu machen. Natürlich ist der religiöse Lebensaspekt ein anderer als ein philosophischer. Und doch können sich beide des Geschichtenerzählens als Mittel bedienen. Und vielleicht könnten sie einander in der Praxis bedingen. So wie man in Seminaren philosophische Texte bespricht, bespricht man in Bibelkreisen die Bibel. Wie nun, wenn beide von einander lernten. Geht es beiden nicht um ein gutes Leben?

Ausblick

Geschichten rühren Menschen an. Und das von alters her. Geschichten berühren nicht nur Kinder, sondern die meisten Menschen. Deshalb bereichern sie auf natürliche Art unser aller Leben. Geschichten benützen Worte, Fantasie, Rhetorik. Das alles wächst mit Nutzung der Sprache. Wird sie allerdings eingeschränkt, beschnitten - wie bei dem Clan in Watership Down - degeniert Sprache. Und somit verringert sich auch Lebensqualität, die das Geschichtenerzählen so nebenbei bietet.

 

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 Freude finden, wo? Ich schließe die Augen, Wärme den Schmerz, Ziehe mich dorthin zurück, Wo die Panik der Welt Einen Augenblick lang Stille...