Donnerstag, 14. Dezember 2023

Zum Vergleich gegenüber Dschuang Dsis Stil: Lao-tse, Tao-Te-King Auszug und Gedanken

 In den letzten zwei Posts, Dschuang Dsi: Der Vogel Rokh und die Wachtel und Äsop: der Zaunkönig, habe ich mich mit dem Schreibstil des Philosophen Dchuang Dsi auseinandergesetzt. Dabei fiel auch der Name des Lao-tse. Deshalb soll in diesem Post dieser Philosoph zu Wort kommen.

 

Das Buch

 

Es ist eines meiner ältesten Philosophiebücher in meinem Besitz, umso erstaunlicher, dass gerade dieses Reclamheft die Jahrzehnte bei mir überstanden hat.

 

Reclam-Heft Tao-Te-King
Tao-Te-King, Lao-tse

Diese chinesische Denkweise des Lao-tse hat mich zum Teil so geprägt, dass ich sie bewusst in mein Vorwort-Gedicht meines Gedichtbandes "Kastors Rosen" als eine meiner literarischen Wurzeln integrierte.

Doch nun ein kurzer Auszug aus dem Büchlein:

 

Lao-tse Tao-te-King
Text aus Kapitel 1

Formale Unterschiede


Gegenüber Dschuang Dsis Text fällt sofort auf, dass Lao-tse erstes Kapitel, wie auch alle anderen, in strophenform geschrieben ist. Es handelt sich bei den Kapiteln tatsächlich um philosophische Gedichte.

Was bei folgender Betrachtung aber deutlich werden wird, ist, dass Dschuangs Dsi sich sprachlichen Bildern und Methaphern bedient, Lao-tse im Gedicht sich anderer stilistischer Mittel bediehnt.

Dschungs Dsis Gleichnis wirkt poetisch, Lao-tses Gedicht sachlich. Und wieder einmal wird das Verwischen von Normen in der Literatur deutlich. Und ehrlich gesagt, liegt in dieser Sprengung nicht der Zauber von Literatur?

Wie lässt sich Lao-tse Stil beschreiben?

Strophe 1:

- Die erste Strophe besteht aus zwei parallel gebauten Sätzen: Parallelismus.

- Beide Sätze enthalten je einen Gegensatz. (Gerade diese Gegensätze sind bezeichnet für den Text.)


Strophe 2:

- Wieder zwei parallel gebaute Sätze.

- Diesmal erstreckt sich der Gegensatz über beide Sätze hinweg.

- zwei Bilder am Satzende: "Himmel und Erde" und "zehntausend Wesen"

(letzer Begriff/ Bild kommt im wieder im Text vor und ist ein Begriff aus dem Taoismus.)

- inhaltlich Fortführung und Erklärung von Strophe 1.


Strophe 3:

- Qintessenz des Kapitels.

- Alliterationen zu Beginn der ersten vier Zeilen.

- Kreuzreim Vers 2 - 5. (Nicht ganz rein, aber hier ist natürlich auch die Übersetzung gefragt, wie vorgegangen wurde.)

- Wieder paralleler Satzbau Vers 2 - 5.

- Wieder ein Gegensatz über beide Sätze hinweg.


Strophe 4:

- Vers 1 Hendiadyoin: eins und gleich. Aber wer genau ist gemeint? Hier beginnt die philosophische Diskussion.

- Vers 2/1 ein sprachlicher Gegesatz: gleich/ verschieden am Satzende.

- Vers 3: Interessant: Man könnte mit dem philosphischen Diskussionsmodell These - Antithese - Conclusio/ Synthese vergleichen: gleich- verschieden - Vereinigung.

- Vers 4: ist die deutsche Variante von einer italienischen Verstärkung: Indem man ein Wort verdoppelt, wird die Aussage verstärkt (insegamt 3x mystisch.).

- Vers 5: 

- sachlich

- Schlußfolgerung des Kapitels.

- Rückbezug zu Strophe 3, Zeile 3: Geheimnis/ Geheimste.

 

Fazit

 Trotz der Form eines Gedichts ist dieser Text sehr sachlich. Beim ersten Lesen beider Texte (Dschuang Dsis und Lao-tses) könnte man Dschuangs Dsis Text für poetisch halten, Lao-tse für etwas trocken, zumindest sehr sachlich.

Doch trügt dieser erste Schein. Es gibt viele Ähnlichkeiten im inhaltlichen Aufbau. Formal nutzt Dschuang Dsi, üblicherweise,  in seinem Gleichnis kaum rhetorische Stilmittel außer den zwei bildhaften. Im Gedicht werden diese aber gekonnt angewandt. Und so wird der Gedanke in kürzester und präzisester Form niedergeschrieben.

Zwei Zitate aus der Einleitung:

Wiederum las ich die Einleitung im Nachhinein, um neutral zu bleiben.

Bekannt ist der stilistische Abstand beider Werke. Dschuang Dsi schwelgt in Allegorien; das Tao-Te-King ist völlig frei davon.

 

Erst durch die geniale Lautrekonstruktion des alten und archaischen Chinesisch durch Bernhard Karlgren, insbesondere durch seine Veröffentlichungen der poetischen Teile des Tao-Te-King (1932), ist offenbar geworden, dass etwa drei Viertel des Textes gereimt sind.

 



 

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 Dein Lächeln  Ist mein größtes Geschenk. Ein Kuss von dir Lässt mein Herz hüpfen. Weiß ich doch  Von deiner Ehrlichkeit. Jahrelang nun scho...