14. Der Zaunkönig
Stolz stieg der Adler, so erzählt Äsop, in die Lüfte; aber auf seiner Schulter ließ sich der Zaunkönig in die Höhe tragen. Dann schoß er plötzlich hervor und triumphierte: "Ich fliege doch besser als du und verdiene es, König der Vögel zu heißen."
Das ist verkehrt gedacht (fügt Plutarch hinzu). Man darf nicht großen Männern ihren Ruhm entreißen wollen, sondern muß danach streben, dass sie uns aus freundschaftlichem Wohlwollen Ruhm und Ehre zuerteilen. Denn, wie Platon sagt, wer nicht richtig gedient hat, kann auch nicht richtig herrschen.
In drei Sätzen ist die Geschichte erzählt. Im Grunde ist die Fabel in drei Teile aufgeteilt.
Zuerst wird die Geschichte erzählt. Dann wird Stellung bezogen oder die Geschichte erklärt. Bemerkenswert ist, dass zwei Persönlichkeiten als 'Experten' genannt werden. Das unterscheidet Dschuang Dsi von Äsop. Dieser distanziert sich von einer Erklärung, jener tut das nicht explizit. Während Dschuang Dsi selbst Philosoph ist, ist Äsop Schriftsteller. Mit Worten arbeiten aber beide.
Der dritte Teil der Fabel ist das Fazit in einem Satz.Und hier ähneln sich Äsop und Dschuang Dsi stilistisch sehr. Dschuang Dsis Abschluss besteht aus drei (Teil-) Sätzen, die parallel gebaut sind und sich zum Ende hin inhaltlich steigern. Äsop nutzt andere Stilmittel für seinen letzten Satz, nicht weniger effektvoll.
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