In meinem Blogbeitrag über Gedichtinterpretation wurde sie benannt und als notwendig zur Interpretation erachtet: die GEDICHTFORM. Aber welche gibt es denn?
In diesem Blogartikel werde ich sie vorstellen. Form für Form werde ich anfangen, und erst, wenn ich meine, die Liste ist fertig, streiche ich diesen Satz. Bis dahin ergänze ich diesen Artikel immer wieder. Los geht's!😍
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Ballade
Gedicht, das eine Geschichte erzählt. Meistens in mehreren Strophen, die ein Reimschema haben können, aber nicht müssen.
Zwei Beispiele:
Von Katzen von Theodor Storm und Erlkönig von Johann Wolfgang von Goethe
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Ode
Die Ode ist eine Gedichtform aus dem antiken Griechenland. Sie besteht aus vier Zeilen, bei der jede Zeile durch eine Abfolge von Versfüßen genau festgelegt ist.
Die Ode eignet sich gut als Strophenform.
Es gibt drei antike Odenformen, deren Versbau sich leicht unterscheiden: sapphisch, alkäisch, asklepiadeisch.
Beispiel (sapphische Ode):
Amors Pfeile treffen gefährlich schmerzlich.
Sie berührten mich, als ich erstmals dich sah.
Es entgleiten mir die Gefühle, schwinden
Mir die Sinne -
Aber Aphrodite vermindert Schmerzen,
Säumet nicht, Liebesverglühen träglich
Zu verwandeln, trennet die Fäden in
Ewige Sterne.
(aus: Beutnagel, Syelle: Kastors Rosen, 2005, S. 35)
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Stanze
Eine Stanze besteht aus acht Zeilen, die dem Reimschema abababcc. Das Versmaß ist der fünfhebige Iambus. Die Stanze kann als Strophenform verwendet werden.
Beispiel:
Dämmerung, ursprünglich: Stanze vom Teide
Um jene Kuppe kam ich grad gebogen,
Da meine Augen glühten auf im Licht:
Der Abend war so friedlich aufgezogen.
Die Wolken über'm Tal, man sah es nicht,
Ein feiner Schleier um den Wald gewoben,
Darüber aber nur noch weite Sicht,
Als strahle hier die Liebe in die Welt
Grad wie die Abendsonne übers Feld.
(aus: ebd., S. 58)
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Akrostichon
Ein Akrostichon ist mehr ein Wortspiel als Lyrik. Ein Thema in einem Wort. Dieses Wort wird links Buchstabe für Buchstabe untereinandergeschrieben. Jeder Buchstabe wird so zu einem Versanfang. Jeder Vers beginnt mit einem Wort oder Satz passend zum Thema und mit dem Anfangsbuchstaben beginnend.
Beispiel:
Leidenschaft
Idealistisch
Erotisch
Beiderseits
Einheit
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Clerihew
Diese Gedichtform ist tatsächlich nach seinem Erfinder benannt worden. Der britische Schriftsteller Edmund Clerihew Bentley lebte von 1875 bis 1956. Der Inhalt ist lustig. In der erste Zeile wird eine (historische) Persönlichkeit genannt, über die dann in den folgenden Zeilen eine schrullige, nicht böswillige Seite erzählt wird.
Es handelt sich um einen Vierzeiler mit zwei Reimpaaren: aa bb .
Beispiel von Edmund Clerihaw Bentley):
The people of Spain think Cervantes
Equal to half-a-dozen Dantes;
An opinion resented most bitterly
By the people of Italy.
Edmund Clerihaw Bentley veröffentlichte seine erste Verssammlung 1905 unter dem Titel „Biographie für Anfänger“. Ein humorvoller Name für eine Sammlung von Kurzgedichten. Schon bald nach der Veröffentlichung der "Biographie für Anfänger" wurde der Name „Clerihew“ für seine erfundene Gedichtform übernommen.
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Distichon
Das Distichon ist ein Zweizeiler, dessen Form in der Antike entstanden ist.
Die erste Zeile besteht aus einem Hexameter, die zweite Zeile aus einem Pentameter.
Ein Hexameter ist ein sechshebiges Versmaß, das aus fünf Daktylen und einem "halben" besteht, der immer unbetont endet. Ein Daktylus kann dabei durch zwei lange Silben ersetzt werden, also statt lang, kurz kurz - lang, lang. Theoretisch ist das für alle fünf Daktylen möglich, macht aber sprachlich und rhythmisch eher selten Sinn.
´- ~ ~ ´- - ´- ~ ~ ´- ~ ~ ´- - ´- ~
Will man beim laut Lesen der Betonung und nicht dem Inhalt folgen, ergibt sich ein Walzerrhythmus: Eins, zwei, drei. Eins, zwei, drei. ...
Der Pentameter ist dem Hexameter ganz ähnlich. Nur ist bei ihm die Zäsur in der Versmitte vorgegeben, der Hexameter handhabt seine zwei möglichen Zäsuren freier. Außerdem endet der Pentameter immer betont und zwar mit dem sechsten Fuß (eines Daktylus). Die Zäsur befindet sich beim dritten Versfuß, der aus nur der ersten, betonten Silbe besteht. Der vierte Versfuß folgt sogleich.
´-~ ~ ´- ~ ~ ´- ´- ~ ~ ´- ~ ~ ´-
Ein Distichon kann als Einzelgedicht, zum Beispiel als Epigramm stehen, oder als Versmaß für längere Gedichte, wie zum Beispiel eine Elegie, verwendet werden.
Beispiel (Friedrich Schiller):
Das Distichon
Ím Hexámeter stéigt des Spríngquells sílberne S´äule,
Ím Pentámeter dráuf | f´ällt sie melódisch heráb.
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Drápa
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Elegie
Eine Elegie ist ein Gedicht mit traurigem Inhalt. Ihre Form entstand in der Antike, wo sie immer im Versmaß des Distichon geschrieben wurde.
Beispiel (Friedrich Schiller):
Der Spaziergang
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Elfchen
In der Gedichtform des Elfchens ist die Wortanzahl pro Vers genau festgelegt. Das ganze Gedicht besteht aus elf Wörtern.
1. Vers ist das Thema./ 1Wort
2. Vers Beschreibung des Themas. / 2 Worte
3. Vers ist eine Handlung. / 3 Worte
4. Vers dein Gefühl dazu. / 4 Worte
5. Schlusswort. /1 Wort
Beispiel
Pizza.
Belegter Teigboden.
Knusprig überbackener Belag.
Zergeht auf der Zunge.
Lecker!
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Epigramm
Ursprünglich war ein Epigramm lediglich eine Inschrift oder eine Beschriftung. Dementsprechend war sie immer kurz. Später änderte sich ihr Inhalt und damit festigte sich auch ihre Form. Ein Epigramm besteht aus (i.n.R.) einem Distichon. Die beiden Zeilen haben einen entgegengesetzen Inhalt. Das Thema ist entweder Spott oder es handelt sich um ein Sinngedicht.
Beispiel (Friedrich Schiller):
Das Ehrwürdige
Ehret ihr immer das Ganze, ich kann nur Einzelne achten,
Immer in Einzelnen nur hab ich das Ganze erblickt.
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Ghasel
Ein lyrische Gedichtform, die aus Persien und benachbarten Ländern stammt. Dort hat sie eine uralte Tradition. Thema ist in der Regel die sinnliche oder spirituelle Liebe. Im 19. Jahrhundert wuchs das Interesse an Persien in Europa, und so wurde das Ghasel auch in Deutschland bekannt. Aber erst hier erhielt es seine strenge Form für sowohl Versmaß als auch Reimschema.
Ein Ghasel setzt sich zunächst aus aus zwei Halbversen zusammen, die sich reimen. Eine Sonderform ist, dass diese zwei Halbverse schon auf dasselbe Wort enden.
Nicht notwendig aber häufig angewendet ist, dass nun weitere Halbverse folgen. Beliebt sind sieben solcher Halbverse. Dabei nimmt jeder zweite Teil des Halbverses des Reim oder das letzte Wort des ersten allerersten zweiten Teils des Halbverses auf.
aa ba ca da ea fa ga
a = Wort oder Reim
b, c, d, e, f, g sind eigentlich keine Reime = x, sie veranschaulichen die Anzahl sieben als Durchschnittsanzahl
Beispiel (Renate Golpon):
Der Rose Bitte
Die Rose sprach: Ich bin 'ne Knospe noch.
Pflückst du zu früh mich, dann verwelk ich doch!
Lass eine Weile mich am Stengel sein.
Mit meinem Busch füll ich im Beet ein Loch.
Wenn ich beim Aufblühn bin, dann pflück mich sacht.
Ich nehm in Kauf dann auch das Vasenjoch!
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Glosse
Haiku
Hymne
Lied
Limerick
Madrigal
Pantun
Rondeau
Rondell
Senryiu
Sestine
Tanka
Terzanelle
Terzine
Triolett
Vilanelle